La grotta è bella - Februar in Oliero
Die Berge in der norditalienischen Provinz von Vicenza beheimaten einige der imposantesten Höhlensysteme Europas, deren Anziehungskraft Höhlenforscher aus aller Welt in ihre Tiefen lockt. Die speläologischen Schätze dieser Region waren das Ziel eines ersten Ausfluges zusammen mit TDN und TCDM im August 2020, wo uns das Tauchen aufgrund schlechter Bedingungen damals leider weitgehend vorenthalten blieb.
Einen zweiten Besuch wollten wir der Region nun im Winter abstatten, die Jahreszeit mit den stabilsten Wetter- und daher auch Tauchbedingungen. Dudle hatte das erste Wochenende im Februar festgelegt und so konkretisierten wir unseren Plan. Das Team wurde mit Frank und Philipp, zwei Freunden aus den Dresdner Tauchvereinen, verstärkt.
Der Ausflug startete am Donnerstag, den 2. Februar, in der Frühe. Maik und ich sind um 4 Uhr aufgestanden, um aus entgegengesetzten Richtungen zu Alex in Neukieritzsch zu fahren. Der Plan war, alles in Maiks Bus umzuladen und anschließend die lange Fahrt zu dritt anzutreten. Gegen 6:30 Uhr standen wir zu dritt vor einem Ausrüstungsberg beträchtlichen Ausmaßes, der in den Bus geladen werden musste. Rebreather, Scooter, Tauchflaschen in allen möglichen Größen, Tauchanzüge, Schlätze, Gummistiefel, Flossen, ... alles war dabei. Nach anfänglicher Skepsis haben wir am Ende alles gut in den Bus rein bekommen und konnten kurz vor 7 Uhr losfahren. Philipp traf sich eine Stunde später mit Frank in Niederschöna, wo sie eine ähnliche Herausforderung meistern mussten.
Während Frank und Philipp den direkten Weg nach Italien fuhren, mussten wir einen kleinen Abstecher nach Kempten machen, um Sensoren für meinen Kreisel zu besorgen. Kurz vor Nürnberg war die Autobahn ordentlich vereist und der Verkehr stockte. Davon abgesehen verlief der Rest der Fahrt durch die Alpenlandschaft sehr entspannt. In Südtirol begrüßte uns Italien mit Sonne und gegen 18:30 Uhr waren wir endlich in der Gemeinde von Valbrenta angekommen.
Nach kurzer Abwägung unserer Prioritäten und angesichts der fortschreitenden Unterhopfung hielten wir an einer Pizzeria kurz vor der Unterkunft, riefen Frank & Philipp an, die wenige Minuten vor uns das Ziel erreicht hatten, und aßen zusammen Abendbrot.
Die Ferienwohnung De Paola in Solagna war uns von unserem letzten Aufenthalt in der Region bekannt. Sie gehört einem netten Rentnerpaar, das eine Kunstgalerie direkt gegenüber betreibt, und ist entsprechend stylisch ausgestattet. Jeder hatte ein eigenes Schlafzimmer, um unbekümmert seinen Schnarchbedarf zu entfalten und es war auch angenehm warm, nachdem man den Temperaturregler für die Heizung gefunden hatte. Nur die Kaffeemaschine war unterdimensioniert für deutsche Verhältnisse.
Nach einem süßen italienischen Frühstück am nächsten Morgen im Café sind wir am Freitag gegen 8:30 Uhr zu den Grotte di Oliero aufgebrochen. Diese befinden sich in der kleinen Ortschaft Oliero unweit der Unterkunft und sind vom gleichnamigen Park umschlossen. Obwohl der Park samt dem dazugehörigen Museum im Winter geschlossen ist, war eine Mitarbeiterin vor Ort, um uns den Schlüssel zu überreichen und die 8 EUR Einstiegsgebühren zu kassieren.
In Oliero mündet ein großes Höhlensystem, das sich im dahinter liegenden Gebirge versteckt und fast das gesamte dort anfallende Regenwasser durch zwei Mundlöcher wieder herausleitet. Das Wasser fließt dann durch den Park in den Brenta-Fluß, der südlich der Lagune von Venedig in das Adriatische Meer mündet.
Die zwei Mundlöcher, Covol dei Siori (ital. Höhle des Herren) und Covol dei Veci (ital. Höhle des Wächters), sind etwa 150 m voneinander entfernt und nur betauchbar, wenn die fast permanent heraus fließenden Wassermassen eine Gnadenpause für die Taucher einlegen. Wir hatten Glück und die Tauchbedingungen waren an dem Tag exzellent. Die Sicht betrug etwa 10-12 m und die Strömung war nur in Siori bemerkbar.
Wir wollten durch Veci in das Höhlensystem eindringen. Der Einstieg in Veci ist nicht ganz so bequem wie in Siori, weil er mit mehr Schlepperei durch Hänge, Treppen und rutschige Steine verbundet ist. Er stellt aber den kürzesten Weg zum Waikiki-Beach dar, der Auftauchstelle am Ende vom S1 (der erste Sumpf) nach einer Tauchstrecke von 2,2 km. Dies ist zukünftig unser Ziel für weitere Tauchgänge.
Unsere ersten Tauchgänge in Oliero dienten lediglich dem Vertrautmachen mit den logistischen und technischen Gegebenheiten vor Ort. So sind wir nach zwei Anläufen durch den großräumigen Hauptgang mit den Scootern bis zum ersten T gefahren. Das befindet sich kurz nach der tiefsten Stelle von S1 mit -57 m Tiefe, welche man nach etwa 18 min gemütlicher Fahrt erreicht. Die Dekozeit betrug am Ende des zweiten Tauchgangs um die 30 min und das Wasser war 8-9°C warm. Trotz einer aufmerksamen Suche während der Deko konnten wir leider keine der in Oliero eingeführten Grottenolme besichtigen.
Am Samstag sind wir gleich nach dem Frühstück die paar Kilometer nach Grotta dei Fontanazzi gefahren. Fontanazzi gilt für viele als eine der schönsten Tauchhöhlen Europas. Entsprechend hoch waren unsere Erwartungen. Die Tauch- und Wetterbedingungen waren an dem Tag perfekt. Nach der üblichen Schlepperei der Ausrüstung bis zum Einstiegspunkt waren wir bereit. Die Höhle fing mit drei Engstellen in 6, 11 und 18 m Tiefe an, die eine gewisse Technik und vor allem einen ruhigen Kopf bzw. Geduld voraussetzen. Alex ging als erster mit Sidemount-OC hinein und konnte die Engstellen schnell überwinden. Philipp und ich mit den Backmount-Rebreathern hatten wesentlich mehr zu tun, um die letzten zwei Engstellen zu passieren. Die unvermeidbaren Kratzer an der Ausrüstung waren aber dank des atemberaubenden Blicks sehr schnell vergessen.
Im Gegensatz zu Oliero sind die Passagen in Fontanazzi eher flach, aber sehr breit. Obwohl der Kalkstein sehr dunkel bzw. fast schwarz ist und das Licht der Lampen schnell absorbiert, wird dies durch die gute Sichtweite und faszinierende Morphologie mehr als kompensiert. Die Höhle wird immer größer und größer, je länger und tiefer man eindringt. Leider hatten wir zugunsten der Engstellen nur eine 80cuf Bailout-Flasche dabei und mussten uns nach ca. 35 min umdrehen.
Den Tauchgang im Fontanazzi haben wir mit einem leckeren Kuchen gefeiert, den Moni für uns gebacken hatte. Dieser ist auch unser Mittagessen am Samstag gewesen. Anschließend fuhren wir 50 km weiter nach Buso della Rana (ital. Büste des Frosches) für eine trockene Befahrung des ersten Teils dieser Höhle. Wir haben uns darauf besonders gefreut, weil diesmal auch Maik etwas davon hatte, der aufgrund eines noch nicht ganz auskurierten Infektes nicht tauchen konnte.
Buso della Rana ist eines der größten Höhlensysteme Italiens und befindet sich in der Gemeinde Monte di Malo, ebenfalls in Vicenza. Diese enorme Höhle hat eine bis dato erkundete Ausdehnung von 40 km und einen Höhenunterschied von 350 m. Die Temperatur im Inneren bleibt konstant bei 12°C, unabhängig von der Jahreszeit.
Der Hauptgang von Buso della Rana ist wenig dekoriert und weitgehend großräumig. Er hat aber alles, was es braucht, damit keine Langeweile aufkommt und der Sinn für Abenteuer geweckt wird. Durch Traversen, Engstellen, kleine und große Verbrüche und mit der gelegentlichen Belohnung eines großen Speleothems sind wir in wenig über eine Stunde bis zum Sala Alta eingedrungen. Dort endete für uns die Befahrung, weil man ab da Neopren und Seiltechnik benötigt. Den vollen Erfolg des Ausfluges feierten wir dann in der Pizzeria mit zahlreichen Nonfiltrata.
Der Sonntag war der Tag der Rückfahrt. Nach dem üblichen italienischen Frühstück fuhren wir ein paar Minuten bis Elefante Bianco, der dritten Tauchhöhle in der unmittelbaren Umgebung. Die Bedingungen für einen Tauchgang wären ideal gewesen, aber leider hatten wir keine Zeit mehr.
Die Frage machte sich breit: Wann kommen wir zurück? Noch waren wir aber da.
Wir warfen einen letzten Blick in die verlockenden Tiefen des Elefante.
Die Antwort war so klar wie das Wasser: Bald.